Zum Mitmachen bei der Stadtwachewache benötigt man ein Smartphone mit GPS-Funktion.

Grafik: Skizzo

"Bewacht unsere Bewacher!" - so lautet der Appell des Projekts Stadtwachewache, bei dem Linzer Bürger seit Anfang Jänner die Bewegungen der örtlichen Stadtwache auf einer interaktiven Plattform melden und verfolgen können. Gegründet wurde die Plattform von Skizzo, einem Mitglied der Kulturvereinigung Backlab, die in Linz und Wien aktiv ist.

Für den Webdesigner hat das Projekt sowohl einen politischen als auch einen gemeinnützigen Stellenwert: "Wenn Bürger im öffentlichen Raum in diesem Ausmaß überwacht und zurechtgewiesen werden dürfen, dann ist es an der Zeit, den Spieß umzudrehen und die Organe der Stadt sichtbar zu machen."

Umstrittener Ordnungsdienst

Die Stadtwache Linz existiert seit Herbst 2010 und war von Anfang an politisch umstritten. Täglich patroullieren die Mitarbeiter des Ordnungsdiensts paarweise in rot-schwarzer Uniform zwischen 6 und 24 Uhr durch Linz. Ihre Hauptaufgabe ist es, für "Sauberkeit und eine bessere Lebensqualität" im öffentlichen Raum zu sorgen.

Die Mitglieder der Stadtwache haben aber keine Sanktions- oder Kontrollrechte - mit Ausnahme des Bettelverbots, wo sie bei "aufdringlichem oder aggressivem Verhalten" auch einschreiten dürfen.

Einfaches Prinzip

Für das Mitmachen bei der Plattform Stadtwachewache ist ein Smartphone mit GPS-Funktion nötig: Wer einen Stadtwächter erblickt, ruft die Seite der Stadtwachewache auf. Dort wird um Genehmigung gebeten, ob der Aufenthaltsort bestimmt werden darf. Danach markiert man den Punkt, an dem sich die Stadtwache befindet, und hat die Möglichkeit, seinen Namen einzutragen und in einem Kommentar zu schildern, was die Stadtwächter machen. Die Meldung wird daraufhin sofort auf der Website angezeigt.

Je mehr Bürger sich an dem Projekt beteiligen, desto genauer ist der Bewegungsradius der Stadtwache abgebildet. Auf der interaktiven Karte können sich die Benutzer sowohl alle bisherigen Sichtungen anzeigen lassen als auch die der vergangenen 24, 48 oder 72 Stunden. Wer kein Smartphone besitzt, kann die Meldung auch auf die Facebook-Pinnwand der Stadtwachewache posten. Diese wird dann nachträglich in die interaktive Karte eingetragen.

Mehr Zivilcourage gefordert

Ziel der Plattform ist aber nicht nur, den Stadtwächtern aus dem Weg gehen zu können. Vielmehr will Projekterfinder Skizzo damit einen Denkprozess bei den Linzern in Gang setzen, um die Sinnhaftigkeit des Ordnungsdienstes zu hinterfragen. Denn mit der Polizei "gibt es bereits eine Institution, die für Sicherheit zuständig ist", so Skizzo.

Zudem möchte er an die Bürger appellieren, wieder verstärkt auf Zivilcourage zurückzugreifen. Da die Stadtwächter Bürger nicht festhalten oder nach dem Ausweis fragen dürfen, seien sie nichts anderes als normale Bürger in Uniform.

Eine Million Euro jährlich

Die Stadt Linz lässt sich diesen Dienst jedenfalls jährlich rund eine Millionen Euro kosten. Geld, das besser für soziale Zwecke verwendet werden könnte, sagt Skizzo. Mit seiner Kritik an der Linzer Stadtwache ist er nicht allein. Bereits Anfang 2010 formierte sich die "Kritische Plattform Stadtwache Linz", auf deren Website Bürger ärgerliche Zwischenfälle mit der Stadtwache melden können.

Diese Meldungen sollen laut Skizzo in Zukunft in die interaktive Karte der Stadtwachewache eingebunden werden. Außerdem sei im weiteren Verlauf des Projekts geplant, eine interaktive Grafik aus den gesammelten Sichtmeldungen zu erstellen.

Erneute Aufstockung 2013

Mit all diesen Daten soll Aufschluss über den Hauptaktionsradius sowie ein Überblick über den zeitlichen Verlauf gewonnen werden. Wozu diese Informationen verwendet und welche Rückschlüsse daraus gezogen werden, sollen die Benutzer selbst entscheiden, so Skizzo. Auch die Abschaffung der Stadtwache hält er für möglich, wenn "die Bürger aktiv genug werden".

Für Martina Steininger, eine von zwei Geschäftsführern des Linzer Ordnungsdiensts, steht das nicht zur Diskussion. Ganz im Gegenteil: Laut Gemeinderatsbeschluss wird die Stadtwache 2013 von 22 wieder auf die ursprüngliche Besetzung von 30 Personen aufgestockt. (Elisabeth Mittendorfer, 31.1.2013)